Von Katrina Mirpuri
Wir leben im Jahr 2021 und dennoch bringt das Thema Interracial Dating jede Menge Herausforderungen mit sich. Ich bin als britisch-indische Frau in einem Londoner Stadtteil aufgewachsen, in dem der Großteil der Bevölkerung der südasiatischen Community angehörte, und in dem Interracial Couples nicht alltäglich waren. Alleine die Vorstellung, ein*e Muslim*a könne eine*n Hindu*isten daten, war Grund genug, um in den jeweiligen Communitys für Aufruhr zu sorgen. Es war verwirrend, denn mit war unklar, von wem ich mich überhaupt angezogen fühlen durfte.
Auch heute noch missbilligen viele Mitglieder meiner Community Interracial Dating, das heißt Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft, unterschiedlicher Wurzeln. Und es ist ungeheuer schwierig, eine Beziehung einzugehen, ohne die Familie hinter sich zu wissen. Aspekte wie Religion, Kolonialismus und kulturelle Werte spielen dabei eine große Rolle, doch nichts davon rechtfertigt diskriminierendes Verhalten.
Vor drei Jahren habe ich meinen weißen walisischen Partner meiner südasiatischen Verwandtschaft auf einer Familienfeier vorgestellt. Entfernte Verwandte, die ich seit Jahren nicht gesehen hatte, waren erschienen, nur um zu sehen, ob an den Gerüchten etwas dran sei. Eine meiner Verwandten sah mich geradeheraus an und sagte: „Ich weiß, dass dich deine Mutter lieber mit einem indischen Mann sehen würde.“ Mein Freund befand sich in dem Moment im gleichen Raum und ich konnte sehen, wie er wütend zu uns herüberblickte. Erstens war das nicht wahr und zweitens sollte man sich fragen, warum sie so etwas überhaupt sagte. Musste ich mich auf eine südasiatische Version von Romeo und Julia gefasst machen?
Ich fühlte mich außen vor, ich war verwirrt
Meine gesamte Jugend verbrachte ich mit einem Gefühl von Durcheinander. Meine Mutter hatte mich zu einer selbstbewussten und selbstsicheren Person erzogen und unterstützte mich in meinem Wunsch, Musikjournalistin zu werden. Ich hatte rote Haare, Piercings, und ließ keine Gelegenheit aus, meine Dr. Martens zu tragen. In meiner Community war ich damit außen vor.
Mal konnte man mich mit coolen weißen Jungs Bier trinkend in fragwürdigen Musik-Locations finden, dann wieder in indischer Kleidung auf Diwali-Festen (noch mit den Glitzer- und Mascara-Resten meiner nächtlichen Eskapaden). Ich lebte das Doppelleben von Jesminder im Film Kick it like Beckham, nur mit Musik.
Mein Schlafzimmer war voller Poster von Rockstars mit Gitarren, auch hatte ich eine gefährliche Vorliebe für die Brüder Gallagher und Alex Turner entwickelt. Ich träumte davon, ein Mitglied einer Band zu daten, was mich nicht davon abhielt, gleichzeitig mit leidenschaftlichem Engagement mit den schüchternen Jungen in meinem Tempel zu flirten. Kein sonderlich unterhaltsames Unterfangen, weil ich die missbilligenden Blicke ihrer Mütter spüren konnte.
Freund oder Freak?
Einige Jahre später konnte ich stolz behaupten, meinen Jugendtraum wahr gemacht zu haben. Ich war mit dem Drummer einer Band zusammen gewesen, mit einem Typen aus der Musikbranche und mit einem Gitarristen. Aber so nett diese Beziehungen auch gewesen waren, war es doch so, dass ich meine Kultur nicht mit ihnen teilen konnte und sie auch kein besonderes Interesse daran zu haben schienen. Meine Ethnizität ist nicht alles, was ich bin, aber sie ist trotzdem ein wichtiger Teil meiner Identität. In einer Beziehung sollte auf beiden Seiten Interesse an der Kultur und der Herkunft des anderen bestehen.
Damals fühlte ich mich zu jedem hingezogen, der meine Interessen teilte, doch ich begann auch Dinge zu hören, wie: „Du könntest meine Yoko Ono sein.“ Es war eine Vorstellung, die mir zunächst ganz nett erschien, dann aber begann ich mich zu fragen, ob ich vielleicht nur eine „indische Trophäe“ war.
Obwohl Inder*innen in Großbritannien die zweitgrößte ethnische Bevölkerungsgruppe sind, musste ich mir in Dating-Apps nicht wenige ignorante Fragen anhören: Sprichst du Indisch? Und wo kommst du wirklich her? Praktizierst du das Kamasutra? Das Ausmaß dieser so beiläufig geäußerten und doch sehr rassistischen Stereotypen war erschütternd. Viele reagierten genervt, wenn ich versuchte, Dinge klarzustellen, oft hieß es, ich sei einfach zu sensibel.
Gaslighting war an der Tagesordnung. Ein Typ prahlte damit, wie sehr er indisches Essen liebte, bis sich herausstellte, dass sich diese Begeisterung auf Chicken Tikka Masala beschränkte. Als ich ihn einmal mit in ein traditionelles indisches Restaurant nahm, fand er es „ekelhaft“, mit den Fingern zu essen, und sagte, er würde das Essen hassen.
Meine Ethnizität ist kein Fetisch
Dann lernte ich in einer App einen anderen Typen kennen (nennen wir ihn Andy), der im Gegensatz zu seinen Vorgängern wirklich Interesse an meinen indischen Wurzeln zu haben schien. Andy wirkte nett und freundlich. Wir interessierten uns beide fürs Reisen, für Musik und gutes Essen. Zehn Monate waren wir zusammen, in denen wir sogar gemeinsam nach Indien reisten. Doch nach und nach häuften sich die Warnsignale. Da waren seine Witze, für die er in einen scherzhaften indischen Akzent verfiel. Und wann immer es ging, lenkte er das Thema auf Indien. Einmal fragte er mich: „Warum hast du nicht auch eine Monobraue wie andere indische Frauen?“ Ich war schockiert. Die Art und Weise, wie er uns „indische Frauen“ in eine Schublade steckte, ließ mich an seinen Absichten zweifeln. Es stellte sich heraus, dass er vor mir schon mehrere indische Frauen gedatet hatte. Plötzlich ergab alles einen Sinn. Ich war für Andy nichts mehr als ein Fetisch.
Wir trennten uns, aber es dauerte über ein Jahr, bis ich verarbeitet hatte, was passiert war. Es ist in Ordnung, eine Präferenz zu haben, aber wenn die ganze Beziehung nur auf der Ethnizität einer Person basiert, geht es doch stark in Richtung Fetisch. Wichtig ist es, diese Warnhinweise rechtzeitig zu erkennen, denn die Beziehung wird kein gutes Ende nehmen, ganz abgesehen davon, dass diese Art von Verhalten völlig übergriffig ist.
Wird die Skepsis je ein Ende haben?
Inzwischen lebe ich glücklich und zufrieden mit meinem jetzigen Partner zusammen. Wir interessieren uns beide für die Kultur des anderen. Ich bin nicht seine „indische Freundin“, sondern einfach seine Freundin. Er ist meiner Welt mit Offenheit begegnet, ist aber selbst oft Formen der Diskriminierung ausgesetzt. Wir haben beide gelernt, die missbilligenden Blicke der anderen zu ignorieren, wenn wir uns Hand in Hand in der Öffentlichkeit zeigen. Auch wird es immer Menschen geben, die meinen, unsere Beziehung kommentieren zu müssen. Für diese Menschen wird es keine Einladung zu unserer Hochzeit geben!
Interracial Dating kann einiges an Drama mit sich bringen. Die Moral von der Geschichte ist, Warnsignale rechtzeitig zu erkennen und sich zu fragen, ob man wirklich als der Mensch geliebt wird, der man ist. Es gibt nichts Schöneres, als die eigene Kultur mit jemandem zu teilen, den man liebt und dem man vertraut. Aber diese Offenheit sollte immer wertgeschätzt und respektiert werden.