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Vermitteln uns Influencer*innen ein unrealistisches Bild von Beziehungen?

Von Katy Roughton

Für viele von uns ist es eine Form der Entspannung, uns durch inspirierende Videos auf Social Media zu scrollen. Und es ist wirklich eine großartige Inspirationsquelle für Rezepte (zum Beispiel für den ultimativen Tortilla-Wrap-Trick), Make-up-Looks und Einrichtungsideen. Aber wir sollten auf Social-Media-Plattformen auch immer darauf achten und hinterfragen, was wir in unseren Feeds wirklich gezeigt bekommen und wie uns diese Inhalte beeinflussen.

Ein Trend im Online-Dating- und Beziehungsuniversum ist es, die Messlatte so hoch wie nur irgendwie möglich anzusetzen. Und während ich ganz sicher nicht sage, dass wir echte Warnsignale ignorieren und unangebrachtes Verhalten einfach hinnehmen sollten, um uns ein Date zu sichern, frage ich mich doch, ob uns diese Videos unrealistische Dating-Erwartungen vermitteln.

Ein Beispiel: In einem viralen Video, das ich letztens gesehen habe, erzählt eine Frau, dass sie ihr drittes Date mit jemandem absagen musste und ein ziemlich schlechtes Gewissen hatte. Sekunden später hält sie ein riesiges Carepaket in die Kamera, das ihr Date ihr gerade vorbeigebracht hat. Als Nächstes sehen wir, wie sie das Paket nach und nach auspack.: Zum Vorschein kommen zahlreiche Tupperdosen mit Suppe und Eintöpfen, ein Tiegel ihrer (teuren) Lieblingsgesichtsmaske, Hausschuhe, Schokolade… die Liste geht weiter. Am Ende des Videos erklärt sie ihren Zuschauern*innen, dass DIES die Art und Weise sein sollte, wie man sein Date behandelt, und dass wir uns nicht mit weniger zufrieden geben sollten.

Mir war diese Aktion ehrlich gesagt etwas zu viel des Guten. So aufmerksam und großzügig dieses Geschenk auch gewesen sein mag, finde ich es schwierig, eine Geste wie diese als „die richtige“ zu erachten.

In einem anderen Video erzählt eine Frau, dass ihr Partner regelmäßig aufwändige Schnitzeljagden in ihrem Haus für sie veranstaltet – mit vielen kleinen Geschenken, Aufmerksamkeiten und einer großen romantischen Geste am Ende. Die Begeisterung, mit der sie von diesem Spiel und weiteren Versionen erzählt, die sich ihr Partner ausgedacht hat, kennt keine Grenzen. Am Ende des Videos, nachdem „der Schatz“ (ein Überraschungstrip) verkündet wurde, sagt sie: „Seht ihr, wenn er will, dann macht er es auch!“

Vom mitschwingenden prahlerischen Ton einmal abgesehen, wird damit meiner Meinung nach ein unrealistisches Bild vermittelt. Sie scheint sagen zu wollen, dass jede und jeder von uns dieses Level an Aufmerksamkeit erwarten sollte. Aber die meisten Menschen, die ich kenne, haben kaum Zeit geschweige denn Geld, um auch nur einmal in der Woche eine Date-Night zu veranstalten. Wir würden ziemlich viel von unseren Partner*innen oder Dates verlangen, wenn wir erwarten würden, dass sie sich ständig derart aufwändige Aktionen ausdenken, um uns ein ultimatives Erlebnis zu bieten.

Natürlich weiß ich auch, dass vielleicht nichts davon der Wahrheit entspricht; wir reden hier von Social Media. Dennoch scheint mir der Ansatz, „sich nicht so schnell zufrieden zu geben“ und „die Messlatte nicht zu niedrig anzusetzen“, auch wieder nur dazu zu führen, normale Menschen auf Social Media zu diskreditieren und zu entwerten. Es macht mir Sorgen, dass normalen Menschen, die ein normales und vor allem langfristig praktikables Level an Aufwand betreiben, vorgeworfen wird, sie täten „nur das Allernötigste“. Ebenso finde ich es schwierig, wenn Menschen erwarten, für den Rest ihres Lebens königlich behandelt und verwöhnt zu werden. Das ist einfach nicht realistisch.

Ich bin sehr dafür, von unseren Partner*innen Liebe, Unterstützung und Aufmerksamkeit zu erwarten. Und natürlich ist es in Ordnung, die Messlatte hoch anzusetzen und sich nicht mit der erstbesten Option zufriedenzugeben, obwohl wir eigentlich mehr verdient haben. Aber wir müssen uns darüber klar werden, dass unsere Partner*innen/Dates/Matches auch nur Menschen sind, normale Menschen, deren Leben sich nicht ausschließlich um ihre*n Partner*in dreht (und drehen sollte).

Es ist unrealistisch, von einer anderen Person zu erwarten, tagtäglich stundenlang eine Schnitzeljagd für uns zu planen oder unsere Lieblingssüßigkeiten ausfindig zu machen, nur um uns ihre Liebe zu beweisen. Wenn es ab und zu ist, warum nicht. Wer würde sich nicht darüber freuen? Aber wir dürfen beim Ansehen dieser Videos nicht vergessen, dass a) wir nur einen dreiminütigen Einblick in diese Beziehungen erhalten, b) sie möglicherweise nur für Klicks erstellt wurden und c) es nicht bedeutet, sich mit weniger zufrieden zu geben, nur weil unsere*r Partner*in nicht regelmäßig Schnitzeljagden für uns veranstaltet.

Es ist ein wichtiger Aspekt einer jeden Beziehung, gut behandelt und wertgeschätzt zu werden. Und es ist toll, jemandem zeigen zu können, wie viel er*sie uns bedeutet. Doch die meisten Menschen tun dies ohnehin schon auf ihre Art und Weise. Dir nach einem schlechten Tag zuzuhören, dir nach einer harten Nacht einen Kaffee ans Bett zu bringen oder deine Hobbys zu unterstützen, sind ganz reale und realistische Dinge, mit denen jemand für dich da sein kann. Und es sind eben diese kleinen und alltäglichen Gesten, die anderen zeigen, dass wir sie lieben.

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