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Woher weißt du, wann der richtige Zeitpunkt für Sex gekommen ist?

Von Xenia Ellenbogen

Es gibt eine Regel, die besagt, dass aus einer Beziehung nur etwas wird, wenn man vor dem ersten Sex mindestens drei Dates gehabt hat. Aber du ahnst es wahrscheinlich schon: Es gibt einfach keine mathematische Formel, die dir eine erfolgreiche Beziehung garantiert. Die Drei-Dates-Regel ist einzig durch Sex and the City berühmt geworden und obwohl die Figur Charlotte York sympathisch und intelligent ist, ist sie keine Sexexpertin und noch dazu reine Fiktion!

Es besteht kein Zweifel daran: Der richtige Zeitpunkt für den ersten Sex mit jemandem ist dann, wenn du dich bereit dafür fühlst. Das hilft dir trotzdem nicht weiter? Wir haben zwei Expertinnen für Sex und Beziehungen gefragt, woran man den richtigen Zeitpunkt erkennt.

Dem „Wartespiel”-Mythos ein Ende bereiten

Sexologin und Sex- und Beziehungscoach Ness Cooper von The Sex Consultant möchte dir eines ans Herz legen: Die vermeintlichen Regeln, die besagen, dass man mit dem Sex warten soll, gehen auf ein uraltes soziopsychologisches Stigma zurück, „das zum großen Teil auf Penis-in-Vagina-Sex und Ängsten vor einer Schwangerschaft basiert“. Sie sind puritanisch, heteronormativ and beruhen auf der Vorstellung, dass Abstinenz das Erstrebenswerteste ist und dass man mit dem Sex am besten bis zur Ehe warten sollte. Mittlerweile wissen wir aber, dass man auf so viele verschiedene Arten Sex haben kann, die nicht ausschließlich von Penis-Vagina-Sex abhängen.

Was uns über Sex beigebracht wurde, kann unsere Vorstellungen davon prägen, wie Sex auszusehen hat oder sich entwickeln sollte. Das schließt auch unsere Erwartungen einer aufkeimenden Beziehung nach dem Sex ein. Warten macht dich nicht des Sex würdiger und du hast dadurch auch nicht automatisch Anspruch auf eine glückliche Beziehung.

Es gibt keine Zahl, wie viele Dates man abwarten muss, bis „der richtige Zeitpunkt“ gekommen ist. Höre schlicht und ergreifend auf dein Bauchgefühl. Aber welche Anzeichen sprechen dafür, dass du bereit für den Sex mit einer Person bist?

Wehen die Green Flags?

Sex- und Beziehungscoaches betonen, dass du dich nicht nach einer externen Formel richten, sondern stattdessen in dein Inneres horchen solltest. Achte darauf, wie sich dein Körper in Anwesenheit der Person (oder der Personen) anfühlt, mit denen du eventuell Sex haben wirst.

Fühlst du dich entspannt, ruhig, sicher und aufgeregt? Das alles sind sehr gute Anzeichen für Green Flags. Du fühlst dich angespannt oder unwohl? Solche Zeichen können darauf hindeuten, dass es nicht der richtige Zeitpunkt ist.

Cooper rät, dass du darauf achtest, welche Gefühle du mit dieser Person verbindest, wie zum Beispiel „die Fähigkeit, sich in Anwesenheit des anderen sicher zu fühlen und dies auch zu sein, aufeinander zu achten und auf Körpersprache zu hören“. Sie sagt auch, dass „es bei der Vermeidung von Konflikten sehr helfen kann, dieselben Werte und Beziehungsziele zu haben.“

Falls du anhand körperlicher Zeichen entscheiden willst, ob der richtige Zeitpunkt gekommen ist, mahnt Sex- und Beziehungscoach Veronica Monet von The Shame Free Zone zur Vorsicht: „lass dich nicht von deinen Genitalien steuern.“

Es ist ganz normal, dass man in Hinblick auf einen potenziellen Partner sexuelle Erregung verspürt, besonders, wenn die Situation ganz neu ist und sich zuspitzt. Monet rät dennoch dazu, trotz aller aufkommenden Gefühle (körperlicher und emotionaler Art) mit seiner Entscheidung zunächst zu warten, bis sich alle Beteiligten einig sind.

Garantierte Red Flags

Was kann ein Zeichen dafür sein, dass man sich Zeit lassen oder einen anderen Zeitpunkt wählen sollte? Cooper sagt, dass es ein sehr eindeutiges Warnsignal ist, wenn man „nicht in der Lage ist, einander seine Grenzen zu kommunizieren“. Du solltest dir sicher sein können, dass du offen sagen kannst, womit du dich wohlfühlst und womit nicht. Ein heißer Tipp: Wenn du mit jemandem außerhalb des Schlafzimmers nicht richtig kommunizieren kannst, wird es im Bett wahrscheinlich noch schwieriger.

Monet merkt an: „Jede Art von Pflichtgefühl beruht auf Scham und einem schlechten Gewissen und das ist eine Red Flag.“ Selbst wenn dich dein Date zu einem 7-Gänge-Menü in einem teuren französischen Restaurant einlädt, heißt das noch lange nicht, dass du danach mit ihm oder ihr ins Bett gehen musst.

Du solltest dich nie für Sex entscheiden, weil du dich dazu verpflichtet fühlst. Wenn dich ein*e potenzielle*r Partner*in unter Druck setzt, sieh zu, dass du die Flucht ergreifst! Wenn jemand meint, er oder sie habe einen Anspruch auf Sex mit dir, sollten die Alarmglocken schrillen.

Monet fährt fort: „echte Einwilligung ist ein fortlaufender Prozess und du hast jederzeit das Recht, deine Einwilligung zurückzuziehen. Wenn du das nicht weißt oder nicht glaubst, ist das die größte Red Flag, die man sich vorstellen kann.

Worüber man vor dem Sex sprechen sollte

Willst du noch einen Tipp, der dir bei der Entscheidung hilft, ob du Sex mit jemandem haben solltest? Stelle sicher, dass ihr vorher über das Thema STI (sexuell übertragbare Krankheiten) sprecht. Wer den*die Partner*in vor dem Sex über eventuelle Krankheiten informiert, hilft ihm*ihr dabei, eine informierte Entscheidung zu treffen (der*die Partner*in hat so nämlich alle Informationen, die er*sie benötigt, um ja oder nein zum Sex zu sagen).

Offen über deinen eigenen STI-Status zu sprechen, zum Beispiel, dass du einen Arzttermin hast oder auf Ergebnisse wartest, dass du Symptome hast oder wann dein letzter Test war, können dir und deinem*deiner Partner*in auch bei der Entscheidung helfen, wie ihr euch beim Sex schützen sollt.

Cooper sagt: „Verhütung und Safer Sex sollten zu jedem Gespräch vor dem Sex gehören.“ Das gilt auch für spontane One-Night-Stands! Solche Gespräche können vielleicht ein wenig unangenehm sein, aber sie bereiten dich auch darauf vor, was du erwarten kannst. Du bist so über eventuelle Risiken im Bilde.

Auch das Setzen von Grenzen vor dem Sex kann zu Erfolg und mehr Spaß führen. Indem man vorher über seine Grenzen spricht, kann man böse Überraschungen vermeiden.

Cooper merkt an: „Wenn man im Vorfeld bespricht, welche Art von Sex man haben wird, hat man, wenn man dann bei der Sache ist, mehr Freiheit in beidseitigem Einvernehmen den Körper des jeweils anderen zu entdecken.“ Du bist dir nicht sicher? Es kann helfen, wenn du und dein*e potenzielle*r Partner*in vor dem Sex eine Liste macht. Tauscht euch anschließend darüber aus, sodass alle darüber im Bilde sind, was erlaubt und was tabu ist.

Wie fällt man eine Entscheidung

Wenn du das Gefühl hast, dass deine Grenzen respektiert werden (und dass du die Grenzen des anderen respektierst) ist das eine gute Basis für eine positive Entscheidung. Eine offensichtliche Frage, die du dir stellen solltest, ist natürlich: Glaubst du, dass sich der Sex gut anfühlen wird und dass du Spaß dabei haben wirst? Nein? Dann solltest du lieber die Finger davon lassen!

„Nur du und die Personen innerhalb eurer Beziehung wissen, welcher der richtige Zeitpunkt für den ersten Sex ist. Wenn man gerade eine Beziehung aufbaut folgt man schnell Mustern, vor allem, wenn man sich von anderen beeinflussen lässt. Wenn du es allerdings zulässt, dass sich die Beziehung auf ganz natürliche Art weiterentwickelt, bis du dich auf den nächsten Schritt einlässt, können daraus authentische, erfüllende Verbindungen entstehen“, sagt Cooper.

Der perfekte Zeitpunkt ist also der Zeitpunkt, der sich für dich richtig anfühlt. Aus nicht jedem sexuellen Erlebnis muss auch eine Beziehung werden und Warten ist keine Garantie dafür, dass sich am Ende eine feste Beziehung entwickelt, und das ist vollkommen in Ordnung.

Höre auf dein Bauchgefühl und achte darauf, welche Gefühle du in Anwesenheit deiner potenziellen Partner*innen oder beim Gedanken an sie, verspürst. Achte außerdem unbedingt darauf, dass ihr über sexuelle Grenzen und Gesundheit sprecht.

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