Von Scotty Unfamous

Im Jahr 2019 veröffentlichte das British Medical Journal Daten, aus denen hervorging, dass fast ein Drittel aller Britinnen und Briten in den vergangenen Jahren weniger Sex hatten, obwohl sie eigentlich mehr hätten haben wollen. Der Grund dafür? „Das Internet und der Stress des modernen Lebens.“ Dann kam die Pandemie, und plötzlich war es schwierig, überhaupt neue (Sex-)Kontakte zu finden (im Gegensatz zu anderen, die ihren Partner oder ihre Partnerin rund um die Uhr um sich hatten – mit jeder Menge Potenzial für Konflikte). Viele Beziehungen fanden 2020 und 2021 also ausschließlich online statt, als Fernbeziehungen ohne jeglichen Körperkontakt. Wie viele mögen davon wohl im Sande verlaufen sein?

Jetzt aber, wo wir vielleicht Licht am Ende des Tunnels sehen, gehen Expertinnen und Experten davon aus, dass unserer kontaktberaubten Gesellschaft der ultimative Sex-Sommer bevorsteht. Als jemand, der neuen Sexkontakten immer freudig gegenübersteht, bin ich mit dieser optimistischen und hedonistischen Prognose mehr als einverstanden (was anderen an Begeisterung fehlt, gleiche ich auch gerne wieder aus). Denn haben wir nicht alle ein aufregendes Sexleben verdient? Es wäre aber unverantwortlich zu denken, dass wir jetzt alle Vorsicht über Bord werden können. Die Sache ist noch nicht vorbei! Doch da es grünes Licht für Sex gibt, sind hier die wichtigsten Punkte, mit denen wir uns wieder ins Vergnügen stürzen können, ohne auf volles Risiko zu gehen.

Finde zuerst heraus, was dir gefällt

Falls du ein bisschen außer Übung bist, hilft es vielleicht, die Erkundungstour zunächst bei dir selbst zu beginnen, um deinem Selbstbewusstsein auf die Sprünge zu helfen. Der beste Weg zu besserem Sex, ist, deinen Körper gut zu kennen und genau zu wissen, was DIR gefällt. Wenn du diesen Punkt erreicht hast und weißt, wie dein Körper auf bestimmte Reize reagiert, ist es auch einfacher, deine Sexkontakte in die richtige Richtung zu lenken (denn nicht vergessen, du hast ein Recht auf guten Sex). Wenn du den Lockdown wie viele nur mit Solo-Sex verbracht hast, dann Gratulation, der erste Schritt ist schon geschafft!

Du gibst das Tempo vor

Nach einer längeren Durststrecke kann es nervenaufreibend sein, sich mit der gleichen Begeisterung wieder ins Sexleben zu stürzen. Ich weiß, dass viele keine Lust mehr auf die Kennenlernphase haben, aber auf keinen Fall solltest du das Gefühl haben, dass du direkt von Null auf Hundert gehen musst, nur weil Verabredungen jetzt wieder leichter sind. War es in Lockdown-Zeiten nicht auch irgendwie nett, neue Kontakte langsam kennenzulernen, weil persönliche Treffen oft nicht möglich waren? Und hatte diese (wenn auch ungewollt) langsame Herangehensweise nicht irgendwie auch den Effekt, dass sich unsere Dating-Erlebnisse weniger austauschbar angefühlt haben? Ich bin der Meinung, dass wir uns ein bisschen was davon bewahren sollten, selbst wenn es nur um unverfänglichen Sex geht. Denn Sex wird eigentlich meist besser, je wohler wir uns in der Gegenwart der anderen Person fühlen. Und nicht ganz unwichtig: Wer eine Vulva hat, kommt so vielleicht auch etwas leichter zum Orgasmus.

Von Social Bubbles zu Sex Bubbles

Übertreibe es in diesen Zeiten nicht gleich mit der Anzahl deiner Sexkontakte. Wenn du nicht gerade auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung bist, ist eine Freundin oder ein Freund mit Benefits vielleicht die bessere Option als ein One-Night-Stand nach dem anderen. Vorausgesetzt natürlich, dass beide damit einverstanden sind. So viel Spaß Sex auch machen kann, vergiss nicht, dass dabei jede Menge Körperflüssigkeiten ausgetauscht werden. Jetzt nicht wegklicken! Viren können über den Mund, die Nase, aber auch über Sperma übertragen werden. Eine Sex Bubble kann also eine gute Idee sein, weil du das Risiko, dich mit dem Virus anzustecken, auf diese Weise reduzierst.

Guter Sex bedeutet Rücksichtnahme und Kommunikation

Kommunikation ist das wichtigste Tool, wenn es um Sex mit anderen geht. Für einige ist es komisch oder vielleicht auch unhöflich, über Sex zu reden, aber eine Unterhaltung über Sex mit deinem Sexkontakt ist eigentlich der einfachste und zugleich notwendigste Teil. Definitiv schlimmer wäre ein enttäuschendes Sexerlebnis, nur weil du vorher nicht darüber sprechen wolltest. Frag deinen Partner oder deine Partnerin, was ihm oder ihr gefällt. Sprich offen darüber, was dich antörnt. Sprecht über eure Grenzen, darüber was ihr gerne ausprobieren möchtet. Und wenn ihr euch wohl miteinander fühlt, sprecht darüber, welche Fantasien ihr gerne einmal in die Realität umsetzen würdet. Es wird ein Gespräch sein, von dem ihr beide lange etwas haben werdet, vor allem aber wird es sicher keinen von euch umbringen. Gleichzeitig schlagt ihr damit zwei Fliegen mit einer Klappe, weil ihr beide sagen könnt, wozu ihr bereit seid, immer mit dem Ziel, möglichst viel Spaß dabei zu haben. Diese Art von Unterhaltung ist keine einmalige Sache, denn Stimmungen und Gefühle können sich ändern. Selbst unmittelbar beim Sex lassen sich simple Fragen wie: „Gefällt dir das?“ stellen. Und nicht vergessen, wenn dir etwas nicht gefällt, solltest du auf keinen Fall so tun als ob, nur um es der anderen Person recht zu machen. Zum Sex gehören immer zwei und der Spaß sollte auf keinen Fall zu kurz kommen. Und wenn dir mal etwas nicht gefällt? Spätestens wenn du es äußerst, aber ignoriert wirst, sollten die Alarmglocken klingeln. Denn Sex mit jemandem, der dich nicht ernst nimmt, ist grundsätzlich keine gute Idee. Guter Sex heißt immer auch, sich der anderen Person gegenüber rücksichtsvoll und respektvoll zu verhalten.

Mach sexuelle Gesundheit zum Thema

Ein weiteres Thema, das in diesen Unterhaltungen zur Sprache kommen sollte (und ich rede nicht von „vielleicht spreche ich es an“), ist sexuelle Gesundheit. Lass dich selbst testen und frage deinen Sexkontakt, wann er oder sie sich das letzte Mal hat testen lassen. Ja, einige empfinden die Frage als Beleidigung, als würde man sie für schmutzig halten, aber sexuell übertragbare Infektionen bzw. Krankheiten sind weit verbreitet und entsprechend offen sollten wir alle darüber reden. Selbst wenn du dich in einer Beziehung befindest, solltest du dich alle drei bis sechs Monaten testen lassen, sofern du sexuell aktiv bist.

Testen, testen, testen

Wo wir gerade vom Testen sprechen… Schön, dass sich viele impfen lassen, aber Corona kann auch von geimpften Personen übertragen werden. Bevor du dich also mit einer neuen Person ins Bett begibst, solltest du sicherheitshalber einen Corona-Schnelltest durchführen. Diese sind auf verschiedensten Wegen KOSTENLOS erhältlich und du hast das Ergebnis in weniger als 30 Minuten auf der Hand. Spricht noch irgendwas dagegen? Es wäre wirklich ärgerlich, mit jemandem auf ein Date zu gehen oder Sex zu haben und hinterher festzustellen, dass sich einer beim anderen angesteckt hat. Vorbeugung ist bekanntlich die beste Medizin.

Safer Sex ist immer sexy

Noch sind wir mit dem Thema Sicherheit nicht durch, denn trotz all des Testens ist Safer Sex der richtige Weg. Ob du nun eine Vulva oder einen Penis hast, du solltest immer Kondome dabeihaben, bzw. Dental Dams, wenn du beim Oralverkehr auf Nummer sicher gehen willst.

Und dann sind da noch Masken… Medizinerinnen und Mediziner empfehlen, auch beim Sex eine Maske zu tragen. Aus den Gesprächen mit meinen Leserinnen und Lesern weiß ich, dass viele nicht besonders begeistert von der Vorstellung sind, ohnehin schon heiß und verschwitzt auch noch eine Maske zu tragen. Aber vielleicht könnte man daraus eine Art Rollenspiel machen, damit die Maske eher aufregend als einschränkend ist. Wenn Sex mit Maske für dich absolut keine Option ist, dann halte dich an Ariana Grande und versuche es mit Stellungen, bei denen sich eure Gesichter nicht zu nahekommen. Die Möglichkeiten sind unendlich. Eine schnelle Google-Suche nach Sexstellungen wird garantiert etwas zutage bringen.

Und hinterher...

Auch bei Gelegenheitssex solltest du das Danach nicht unterschätzen. Das heißt nicht, dass ihr euch kuschelnd in den Armen liegen müsst, sondern dass ihr vielleicht noch ein paar Worte miteinander wechselt oder dem anderen ein Glas Wasser holt. Jetzt ist die Zeit, um nachzufragen, was euch gefallen oder weniger gefallen hat, und was ihr in Zukunft vielleicht ausprobieren möchtet.

Was ich mit all dem sagen möchte: Gebt auf euch (und aufeinander) acht, damit ihr eure Sexualität auf unbeschwerte, aber sichere Weise ausleben könnt.

Scotty Unfamous ist Sexfluencerin und verfasst romantische Romane. Mit ihrem Blog möchte sie Women of Colour helfen, ihre Sexualität zu entdecken und das oft damit verbundene Stigma zu beseitigen, ihnen die Kunst der Sinnlichkeit näherzubringen und sie dazu ermutigen, sich selbst zu lieben. Sie ist auch auf Instagram und Twitter.