Geschrieben von Rica Pahlke
Auch unverbindlicher Sex braucht Regeln - klingt wie ein Widerspruch, ist aber wahr. Was es zu beachten gibt, wenn du dich mit mehreren Personen triffst, erfährst du hier.
Was genau ist eigentlich Casual Dating?
Wie groß Unverbindlichkeit in der Welt des (Online-)Datings geschrieben wird, ist mir letztens noch einmal bewusst geworden. Eine Freundin erzählte mir, sie hätte Kontakt mit einem Typen, der mehrere hundert Kilometer entfernt wohnt. Nicht, weil sie sich persönlich kennengelernt haben oder er zufällig in der Nähe war und ihr deshalb als potenzielles Match angezeigt wurde, sondern aus einem anderen Grund: Sie hat den Filter „Sucht nach einer festen Beziehung“ eingestellt - und plötzlich war die Auswahl in der eigenen Stadt nicht mehr so groß. Damit, ihr Lieben, willkommen beim Casual Dating.
Was sich genau dahinter verbirgt? Unkomplizierte Sex-Dates ohne erste Absichten und ohne sich dabei auf eine Person festzulegen. Spätestens seit es Dating-Apps gibt, wird der Trend so richtig zelebriert. Und das ist kein Wunder: Dating war noch nie so einfach und die Auswahl an Menschen, die für alles offen sind, weil sie nicht genau wissen, was sie wollen, selten so groß. Alles kann, nichts muss. Für einige ein Segen, für andere ein echter Fluch. Deshalb wird Casual Dating auch gerne als Rumvögeln bezeichnet. Wobei dieser Begriff meiner Meinung nach einen viel zu negativen Beigeschmack hat. Neue Leute kennenlernen macht Spaß, Sex macht Spaß - warum also nicht beides miteinander verbinden?
Warum Casual Dating keinen negativen Stempel verdient hat
Ich bin damit aufgewachsen, dass die Zahl meiner Sexpartner*innen mich in gewisser Weise definiert. Dass es schlechtes Licht auf mich wirft, wenn die Liste länger ist - insbesondere, weil ich eine Vagina habe. Für Penisse gelten da andere Regeln. Mittlerweile weiß ich, was das für ein Bullshit ist. Das einzige, was diese Zahl aussagen kann, ist, wie viele Erfahrungen ich gesammelt habe und wie gut ich mich und meine Sexualität kenne. Und ganz ehrlich? Dieser Prozess gehört zu den Dingen, die ich auf keinen Fall missen möchte. Sich selbst auszuprobieren und mit seinem Körper vertraut zu sein, sollte definitiv nichts Negatives sein.
Die einzige Voraussetzung: Casual Dating ist immer noch eine Form von Dating und die Möglichkeit, dass durch Intimität Gefühle entstehen, nicht ausgeschlossen. Damit das Ganze also casual bleibt und nicht mit gebrochenen Herzen endet, gibt es ein paar Regeln, an die wir uns halten sollten.
Der*die Lieblings-Sexpartner*in und die anderen
Ein perfektes Beispiel dafür, wie vorbildliches Casual Dating funktioniert, lieferte mir vor einigen Wochen meine Reise-Bekanntschaft Carmen. Als wir abends zusammen Pizza aßen und uns schamlos über unser Sexleben austauschten, hakte sie natürlich direkt nach, zu welcher Art von Singles ich gehöre: „Du hast aber schon jemanden, oder?“ „Klar, ich habe einen Sexpartner.“ „Sehr schön. In meinen guten Zeiten hatte ich sogar vier Sexpartner“, antwortete Carmen und ich verschluckte mich fast an meinem Wein. „Vier? Zur gleichen Zeit? Wie hast du das denn geschafft?“ „Ich habe die nicht alle regelmäßig getroffen. Den einen nur einmal im Monat, den anderen noch seltener. Aber ich hatte auch meinen Lieblings-Sexpartner, den habe ich sogar mehrmals die Woche gesehen.“ Mein erster Gedanke? Respekt! „Aber die wussten alle voneinander. Das ist auch das Wichtigste“, fügte Carmen hinzu und trifft damit den Nagel auf den Kopf.
Die wichtigsten Regeln für unverbindlichen Sex
Regel Nr. 1 beim Casual Dating: Ehrlichkeit. Wer Sex ohne Verpflichtungen will, sollte das auch klar und deutlich kommunizieren. Seine Absichten offen auf den Tisch zu legen, ist der einzige Weg, um nicht als Herzensbrecher*in zu enden. Nicht jeder sucht auf Dating-Apps nach unverbindlichen Bekanntschaften und ist offen für Sex ohne Gefühle. Und nichts ist schlimmer, als nach ein paar tollen Dates zu erfahren, dass die andere Person von Anfang an nur körperliches Interesse hatte, während man sich selbst mehr erhofft hat. Also nehmt bitte Rücksicht aufeinander und sprecht direkt an, wenn ihr kein Interesse an einer festen Beziehung habt. Alles andere ist nicht nur unfair, es macht Casual Dating auch unnötig kompliziert.
Genauso ehrlich sollten wir übrigens auch uns selbst gegenüber sein. Es fühlt sich doch nicht richtig an oder es entwickeln sich plötzlich Gefühle, mit denen ihr nicht gerechnet habt? Dann redet unbedingt darüber - ansonsten kann das auf Dauer ganz schön wehtun. Nicht weniger wichtig ist übrigens Regel Nr. 2: Kondome. Die sollten immer selbstverständlich sein - ganz besonders bei wechselnden Sexpartner*innen -, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern und euch vor Geschlechtskrankheiten zu schützen.
Gibt es einen Höchstsatz an Sexpartner*innen?
Die Regeln hätten wir geklärt, doch wie viele Sexpartner*innen sind denn nun erlaubt? Auch wenn mich allein der Gedanke an vier Stück überfordert und ich Sorge hätte, gewisse Details miteinander zu verwechseln, lautet die Antwort: So viele ihr mögt (und in euren Terminkalender passen). Mit wie vielen Menschen wir ins Bett gehen, ist Geschmacksache und jedem*jeder selbst überlassen. Während einige Sex in festen Partnerschaften bevorzugen, können andere mit Monogamie nichts anfangen. Während einige gar kein sexuelles Verlangen haben, können andere nicht genug (unverbindlichen) Sex haben. Und während einige ab und zu mal eine*n Sexpartner*in haben, fliegen sie anderen quasi zu, was mir meine Freundin Lui gerade noch einmal bestätigte, als wir über Freund*innen und Dating sprachen: „Hat sie ihn online kennengelernt?“, fragte ich nach. „Nee, sie trifft ihre Typen immer irgendwo. Sie geht einkaufen und hat am Ende einen Mann in ihrem Wagen. Oder beim Bäcker oder so“, war Luis Antwort. Okay, also nach dem Motto ‚Zwei Roggenbrötchen und die Schnitte da drüben, bitte‘? So einfach kann es scheinbar sein.
Eure Sexpartner*innen, eure Entscheidung
Aber zurück zur eigentlichen Frage: Es gibt kein zu viel. Und jede der oben erwähnten Optionen ist richtig, denn die Anzahl unserer Sexpartner*innen ist vollkommen unwichtig. Solange wir alle lieb und ehrlich zueinander sind, Rücksicht auf unsere Gefühle nehmen und an Kondome denken, sollte jede*r das tun, was ihm*ihr Spaß macht. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass wir dringend aufhören müssen, uns gegenseitig zu verurteilen, wenn es um die Zahl unserer Sexpartner*innen oder um die Art, wie wir lieben, geht.
Also: Gönnt euch bitte so viele Sexpartner*innen, wie ihr möchtet. Wenn euch danach ist, es sich gut anfühlt und alle Beteiligten mit der Situation happy sind, spricht absolut nichts dagegen. Vielleicht lasst ihr euch die nächste Schnitte beim Bäcker auch direkt einpacken, nur als kleiner Tipp.
Rica Pahlke ist Online-Redakteurin für alle Themen rund um Dating, Liebe & Sex bei Cosmopolitan Deutschland.