Von Xenia Ellenbogen
Wer kennt es nicht: Du swipst und swipst nach links, was einem Cross-Fit-ähnlichem Daumentraining gleicht, weil dich kein Foto in den Bann zieht, doch dann…macht dein Daumen auf einmal auf halben Wege halt. Du bleibst an einem Profilbild hängen! Aber warum? Was macht bestimmte Fotos so besonders? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, beschäftigen wir uns heute mit der Psychologie, die sich hinter erfolgreichen Dating-Bildern verbirgt. Wenn du dir unsicher bist, welche Fotos du für dein Profil auswählen solltest, oder du wissen möchtest, warum du dich von manchen Bildern direkt angesprochen fühlst, dann solltest du hier weiterlesen.
Der erste Eindruck ist (fast) alles
Wie wird aus einem Bild ein Match? Tatsächlich gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die dies erklären. In einer Studie, die in der Fachzeitschrift Human Arenas veröffentlicht wurde, stellen Wissenschaftler:innen die These auf, dass die Bilder, die wir für unser Dating-Profil auswählen, einiges darüber aussagen, wie wir die Welt sehen. Für die Studie wurden 542 Bilder von Dating-Profilen auf mögliche zusätzliche Bedeutungen hin ausgewertet. Das Ergebnis: Ein beliebiges altes Foto von einem Campingwochenende kann einiges über deinen Lifestyle, deine Gewohnheiten, dein Selbstwertgefühl und deine sozialen Kontakte verraten.
Anders als oft angenommen bedeutet ein Swipe nach rechts nach einem Blick auf das Profilbild nicht nur, dass wir uns grundsätzlich von jemandem angezogen fühlen. Ein Foto ist immer auch der erste Berührungspunkt mit einem potenziellen Match. Es gibt uns die Möglichkeit, uns unser Leben neben dem der anderen Person vorzustellen. Ist der Lebensstil kompatibel? Die Gewohnheiten? Die sozialen Kontakte? Könnten wir uns ebenfalls in diesem Foto oder an diesem Ort vorstellen? Wenn wir diese Fragen mit Ja beantworten, sind auch das Gründe für ein Swipe nach rechts.
Es spricht aber auch viel dafür, mehr als ein Foto hochzuladen, denn möglicherweise ist der erste Eindruck eben doch nicht alles. Eine andere wissenschaftliche Studie, die in Psychological Science veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass wir mit mehreren Fotos auch mehrere erste Eindrücke erzeugen können. Wir haben also mehr als eine Chance, uns anderen zu präsentieren und auf uns aufmerksam zu machen.
Psychologisch gesehen wecken bestimmte Bilder unser Interesse als nicht nur, weil wir jemanden attraktiv finden (auch wenn dies trotzdem noch ein Grund ist).
Die besten Profilbilder aus psychologischer Sicht
Wo aber anfangen bei der Auswahl der Profilbilder? Beim Gesicht natürlich! Unser Gehirn ist bereits von klein auf darauf konditioniert, sich für die Gesichter anderer Menschen zu interessieren. Unsere Augen, unser Lächeln und unsere Mimik verraten viel über uns. Das heißt aber nicht, dass wir nur Fotos von unserem Gesicht zeigen sollten. Die Mischung macht's, deshalb sollten auf deinem Profil auch Ganzkörperfotos und Fotos, die dich bei Aktivitäten zeigen, nicht fehlen.
Online-Dating-Fotograf Eddie Hernandez hat selbst einige Vermutungen, weshalb bestimmte Bilder andere ansprechen – und eine klare Meinung dazu, welche Fotos auf Dating-Profilen nichts zu suchen haben. „Fotos, auf denen wir lächeln, Begeisterung für etwas zeigen und die durch etwas Besonderes hervorstechen, sind immer besser als Fotos, die lethargisch und banal wirken oder die im Haus entstanden sind“, so Hernandez.
Auch Fotos, die Gesprächsstoff liefern, können entscheidend sein, wenn es darum geht, jemanden anzuschreiben oder nicht. Und dafür gibt es eine emotionale Begründung. Hernandez erklärt: „Im Gegensatz zu generischen und langweiligen Fotos helfen uns Bilder, die Gesprächsstoff liefern und die aus dem Rahmen fallen, eine Verbindung (basierend auf Gefühlen, Nostalgie oder Leidenschaft) zur anderen Person aufzubauen. Genau deshalb funktionieren Fotos, die uns auf Reisen, bei Aktivitäten oder in lustigen Kostümen zeigen, auf Dating-Apps so gut.“
Um eben diese Verbindungen geht es auf Dating-Apps, und das sollten wir immer berücksichtigen, wenn wir Fotos für unser Profil auswählen. Für Hernandez heißt das, Bilder auszuwählen, die Orte, Locations oder Aktivitäten zeigen, weil es konkrete Anknüpfungspunkte sind.
Das Ziel ist es, dich bei einer Aktivität zu zeigen, die dir Spaß macht, egal ob du darin gut bist oder nicht. Wenn du zum Beispiel einen Töpferkurs machst, könntest du anderen mit einem Bild von dir hinter der Töpferscheibe einen Einblick in dein Leben gewähren.
Die Wissenschaft hat gezeigt, dass wir anhand von Profilbildern versuchen herauszufinden, ob unser Leben mit dem der anderen Person kompatibel ist. Eine gute Idee ist es deshalb, Fotos auszuwählen, die nicht nur deinen Lifestyle, sondern auch deine Werte abbilden. Das heißt Bilder von Dingen, die dir wichtig sind und die anderen zeigen, wie du dein Leben lebst.
Da du mehrere Chancen hast, einen positiven ersten Eindruck zu hinterlassen, rät Hernandez dazu, vier bis sechs Fotos auszuwählen, auf denen du in unterschiedlichen Outfits, Posen und an verschiedenen Orten zu sehen bist. „Doch Qualität vor Quantität“, fügt er hinzu.
Vor allem geht es immer darum, sich so authentisch wie möglich darzustellen. Alte Fotos können ein geringes Selbstwertgefühl signalisieren. „Die Fotos sollten vor maximal zwei bis drei Jahren entstanden sein und dich so zeigen, wie du heute aussiehst“, rät Hernandez. Das betrifft Dinge wie deine aktuelle Haarfarbe, Piercings und deinen Stil.
Diese Bilder sind nichts für dein Profil
Nicht sonderlich weit kommst du mit drei Selfies, die aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen wurden. Stattdessen gilt es Bilder auszuwählen, die einen Mehrwert haben.
„Vermeiden solltest du zu viele Gruppenfotos, Sonnenbrillen, Hüte, dunkle oder verschwommene Bilder, Fotos, die von zu weit weg aufgenommen wurden oder auf denen du anders aussiehst als jetzt. Auch Fotos, die zu ernst oder gestellt wirken, sind keine gute Wahl“, so Hernandez.
Ein wichtiger Punkt ist deine Körpersprache. Wenn du dein Gesicht verdeckst oder nach unten schaust, kann dir das von anderen als Gleichgültigkeit, Schüchternheit oder Desinteresse ausgelegt werden. Besser ist es, direkt in die Kamera zu blicken, um Offenheit zu signalisieren. Es ist auch ein Zeichen von Respekt, sich mit dem Körper und den Füßen einer Person zuzuwenden, statt sich von ihr abzuwenden. Stell dir vor, wie es in einem Bewerbungsgespräch wirken würde, wenn dein Körper halb der Tür zugewandt wäre. Bei Bildern von Aktivitäten ist das natürlich etwas anderes, wenn du zum Beispiel irgendwo an einer Kletterwand hängst. Achte aber darauf, dass du auf mindestens einem Bild nach vorne schaust.
Es ist also wissenschaftlich belegt, dass die Psychologie bei der Auswahl ansprechender Profilbilder eine große Rolle spielt. Mit dem richtigen Selfie kannst du vielleicht genau die Wärme ausstrahlen, die eine andere Person dazu bringt, dich kennenlernen zu wollen. Fakt ist, wenn wir etwas bewusster an die Sache herangehen, können wir auch mehr erreichen. „Letzten Endes sollten deine Fotos immer auch die Art von Person spiegeln, die du anziehen möchtest“, fasst Hernandez es zusammen.