Der Umgang mit Geld in der Beziehung

Von Alice Tapper



Wenn das Thema Geld das erste Mal aufkommt, sind die meisten Beziehungen schon etwas fortgeschritten. Vielleicht habt ihr bereits eine Katze zusammen oder sogar eine gemeinsame Wohnung. Und dann passiert es: Die Spülmaschine gibt im ungünstigsten Moment den Geist auf, oder viel schlimmer, dein*e Partner*in verliert seinen*ihren Job. Das ist der Moment, in dem Geld plötzlich ausgesprochen relevant wird, in dem all die fast vergessenen finanziellen Päckchen ans Licht kommen und ab dem du es nicht mehr vermeiden kannst, dich damit auseinanderzusetzen.

Denn jetzt ist es zu spät, um das Thema noch unter den Teppich zu kehren. Dein*e Partner*in weiß jetzt von deinen geheimen Schulden und du hast herausgefunden, dass er*sie die Privatschule für ein Kind bezahlt, von dessen Existenz du keine Ahnung hattest (es sind schon ungewöhnlichere Dinge passiert...). Ein sehr ehrliches Gespräch ist unvermeidbar, denn das Problem wird sich nicht in Luft auflösen.

Doch es muss nicht so ablaufen. Ich bin eine große Verfechterin von Transparenz und Ehrlichkeit, wenn es um Finanzen geht. Ich spreche mit jedem über Geld, der mir zuhört, und ich glaube fest daran, dass offene Gespräche über Geld die Lösung ziemlich vieler Probleme im Leben sind. Trotzdem verstehe ich, dass das nicht allen so leichtfällt. Wie also nähern wir uns diesem für viele so unangenehmen Thema? Und zwar nicht erst, wenn kein Weg mehr daran vorbeiführt, sondern viel früher, ganz am Anfang.

Wenn du noch mitten in der Dating-Phase steckst, ist die Lage etwas anders. Mehr dazu kannst du in diesem Blogartikel lesen. Aber stellen wir uns vor, dass du jemanden kennengelernt hast, der dir ziemlich gut gefällt. Deine Freund*innen wissen bereits davon und vielleicht hast du dich dazu entschieden, niemand anderen mehr zu daten. Abgesehen von Situationen, in denen ihr ausmachen musstet, wer die Dates organisiert und die Rechnung bezahlt, hat Geld in euren Gesprächen wahrscheinlich noch keine große Rolle gespielt.

Wie aber schneidet man das Tabuthema Geld zwischen den Anfängen einer Beziehung und dem gemeinsamen Altwerden (oder auch nicht...) an? Wie immer lautet die Antwort: Kommunikation! Um direkt damit loszulegen, findest du hier Ideen für Gespräche rund ums Thema Finanzen, je nachdem, in welcher Beziehungsphase du dich befindest. Natürlich ist jede Beziehung anders, deshalb solltest du auch ein bisschen deinem Gefühl folgen und die Gespräche an eure Situation anpassen.

Phase 1: Das Kennenlernen

Bisher weißt du noch nichts über die finanzielle Situation deines Gegenübers, deshalb musst du dich hier auf deine Intuition verlassen. Du solltest einen Eindruck vom Spar- und Ausgabeverhalten der anderen Person haben und vielleicht eine ganz grobe Vorstellung davon, was er*sie vielleicht verdient. Sofern zu diesem Zeitpunkt nicht bereits die Alarmglocken schrillen (mehr dazu später), geht es in dieser Phase erst einmal nur darum, etwas mehr über den anderen in Erfahrung zu bringen und niemanden zu verurteilen. Ein häufiger großer Fehler ist, dass wir denken, Kompatibilität hieße, alles gleich zu sehen. Unterschiede sind gut, solange wir ihnen rücksichtsvoll begegnen.

Du solltest also auf die Unterschiede achten, die vielleicht etwas mehr Fingerspitzengefühl erfordern. Verdient er*sie mehr als du? Wie gehst du damit um, während du deine eigenen finanziellen Grenzen nicht aus dem Blick verlierst? Erste ungezwungene Unterhaltungen und einigermaßen erschwingliche Dates sind hier normalerweise ein guter Ansatz.

Phase 2: Offiziell ein Paar

Sobald ihr offiziell ein Paar seid, ist es vermutlich an der Zeit, um einige ehrliche Gespräche über eure finanzielle Situation und eure generellen Ziele im Leben zu führen. Dabei geht es nicht nur um Budgets und ums Sparen; das Thema Geld zieht sich durch alle Bereiche des Lebens, deshalb ist es wichtig zu wissen, an welchen Stellen ihr vielleicht nicht einer Meinung seid. Hier geht es nicht um einen Fünfjahresplan, aber ihr solltet eine grobe Vorstellung davon haben, was euch jeweils wichtig ist, das ist für beide hilfreich. Wenn du keine Kinder möchtest, er*sie aber schon, dann sprecht darüber. Wünscht er*sie sich so schnell es geht ein Häuschen im Grünen, während du eigentlich auf Weltreise gehen möchtest? Gibt es hier einen Kompromiss oder bedeutet das eigentlich das Ende der Beziehung? Oft ist genau dies der entscheidende Moment einer Beziehung, aber wenn ihr frühzeitig darüber sprecht, könnt ihr spätere Enttäuschungen und einiges an Herzschmerz verhindern.


Phase 3: Start in eine gemeinsame Zukunft

Ihr habt die zweite Phase eurer Beziehung gemeistert und eure Leben sind immer mehr miteinander verknüpft. Sofern es noch nicht geschehen ist, wird es jetzt höchste Zeit, dass ihr über eure finanzielle Situation sprecht. Jetzt ist auch der Zeitpunkt, an dem viele Paare überlegen, ob sie ihre Finanzen zusammenlegen oder ein gemeinsames Konto eröffnen möchten. Spätestens jetzt ist es extrem wichtig, ehrlich über Schulden zu sprechen, denn sobald gemeinsame Kredite im Raum stehen, wirken sich die finanziellen Entscheidungen des einen auch auf den anderen aus, zum Beispiel in Hinblick auf die Bonität. Dies ist auch eine gute Gelegenheit, um über eure generelle Herangehensweise und eure Einstellung zu Geld zu sprechen. Wollt ihr eure Finanzen gemeinsam oder getrennt führen? Wie sieht es mit einem Ehevertrag oder Ähnlichem aus? Wie geht ihr damit um, wenn der andere ein anderes Ausgabeverhalten hat? Sprecht offen darüber, wie ihr in eurer Beziehung mit Geld umgehen möchtet. Oft ist unser Verhältnis zu Geld davon geprägt, wie wir aufgewachsen sind. Der erste Schritt könnte also sein, darüber zu sprechen, wie in eurer Familie früher mit Geld umgegangen wurde.

Phase 4: Familienplanung

Bevor es an die Familienplanung geht, sofern ihr denn Kinder wollt, solltet ihr darüber sprechen, wie ihr die finanziellen Aspekte managen wollt. Geht ihr davon aus, dass einer von euch die meiste Zeit zuhause bleibt und der andere in der Zeit das Geld verdient? Welche Elternzeit-Optionen gibt es? Willst du oder dein*e Partner*in so schnell es geht wieder zurück an den Arbeitsplatz? Bei diesen Fragen gibt es kein Richtig oder Falsch, aber es ist wichtig, dass ihr über eure Wünsche und Erwartungen sprecht und den Wünschen des anderen auch offen gegenüber seid.

Ein Wort zu finanziellem Missbrauch

Das oben Geschriebene basiert auf der Annahme, dass du dich in einer gesunden Beziehung befindest. Aber es ist wichtig, sich darüber bewusst zu sein, dass Geld auch zu Formen des Missbrauchs führen kann. Meist geht es darum, Macht oder Kontrolle auszuüben. Auf diese Dinge solltest du achten:

Kontrolle über Finanzen

  • Die andere Person vermittelt dir das Gefühl, für Zahlungen zuständig sein
  • Die andere Person versucht zu kontrollieren, wie du dein Geld ausgibst oder darauf zugreifst

Kontrolle über berufliche Entscheidungen

  • Die andere Person drängt dich dazu, deinen Job aufzugeben
  • Die andere Person kontrolliert, welche Art von Arbeit du ausübst
  • Die andere Person sabotiert deine beruflichen Perspektiven

Kontrolle über gemeinsame Vermögenswerte

  • Die andere Person hat doppelte Standards, wenn es um Geld geht
  • Die andere Person verlangt, dass du über alle Ausgaben Rechenschaft ablegst und um Erlaubnis bittest
  • Die andere Person droht damit, den Geldhahn abzudrehen
  • Die andere Person besteht darauf, dass größere Anschaffungen (zum Beispiel Immobilien) in ihrem Namen erfolgen

Wenn Punkte von dieser Liste auf deine Beziehung zutreffen, sollten die Alarmglocken klingeln. Vielleicht kannst du dir Unterstützung von deiner Familie oder von Freund*innen holen oder dich an eine Beratungsstelle wenden, die auf finanziellen Missbrauch spezialisiert ist.

Tipps für die Praxis

Nun ist das Thema Geld also angeschnitten. Aber wie sieht es mit eurer Finanzverwaltung als Paar in der Praxis aus? Wie ihr dabei vorgehen müsst und wollt, kann sich im Laufe eurer Beziehung durchaus ändern, deshalb ist es wichtig, dass ihr euch regelmäßig zusammensetzt und darüber sprecht, ob euer Modell noch für beide funktioniert. Zwar mag es die perfekte Lösung nicht geben, aber dies sind die häufigsten Modelle:

  • Alles getrennt: Ihr verwaltet alles getrennt und stellt eure eigenen Regeln auf, um für gemeinsame Ausgaben aufzukommen, zum Beispiel 50/50 oder jeweils proportional zu eurem Einkommen.
  • Alles geteilt: Ihr legt alles zusammen und habt ein gemeinsames Konto, von dem alle Ausgaben getätigt werden. Achtet aber darauf, dass ihr euch einig seid, was Wünsche und was finanzielle Notwendigkeiten darstellt.
  • Sowohl als auch: Statt alles in einen Topf zu werfen, eröffnet ihr zusätzlich ein gemeinsames Konto, in das ihr beide jeden Monat eine bestimmte Summe einzahlt. Davon gehen dann gemeinsame Ausgaben wie die Miete, Internetkosten, gemeinsame Restaurantbesuche usw. ab. Ihr entscheidet, was gemeinsam bezahlt wird und was nicht.
  • Das „Taschengeld“: Wenn einer von euch mehr und der andere weniger verdient, kann der*die Hauptverdiener*in einen bestimmten Betrag auf das Konto des anderen überweisen. Was von diesem „Taschengeld“ bezahlt wird, ist eine individuelle Entscheidung, aber es ist wichtig, dass beide mit diesem Modell einverstanden sind und dass das Geld nicht als „Gefallen“ der besserverdienenden Person gesehen wird.

All diese Entscheidungen können überwältigend sein. Wenn du eine Weile Single warst, ist es vielleicht auch erstmal komisch, jemand anderen in deine finanziellen Entscheidungen miteinzubeziehen. Aber all das ist auch ein Prozess und ihr solltet dabei in einem Tempo vorgehen, mit dem ihr euch beide wohlfühlt. Selbst wenn ihr euch für ein gemeinsames Modell entscheidet, muss die Umsetzung nicht von heute auf morgen passieren. Vielleicht eröffnet ihr als ersten Schritt ein gemeinsames Konto und zahlt jeden Monat nur eine kleine Summe ein. Wenn alles gut läuft und ihr beide damit gut klarkommen, könnt ihr die Einzahlungen nach und nach erhöhen. Ich wünsche euch viel Erfolg!

Alice Tapper ist Gründerin von Go Fund Yourself, einer Online-Plattform und -Community, die das Ziel hat, den Zugang zum Thema Geld zu erleichtern. Außerdem hat sie ein Buch mit Tipps zur Finanzplanung geschrieben. Ihr besonderes Interesse gilt dem Umgang mit Geld in Beziehungen.